Haltung und Einstellung zu Arbeitssicherheit, das vielzitierte Safety-Mindset, bestimmen entscheidend mit, ob sich eine stabile und sich ständig weiterentwickelnde Sicherheitskultur in einem Unternehmen etablieren lässt. Darüber sind sich Sicherheitsexperten einig, und das gilt auch und vor allem für die obere Hierarchie — wenn die nämlich nicht dahinter steht, wird es für die Führungsebenen darunter schwierig und zäh, das Safety-Mindset der Kolleg*innen und Beschäftigten zu beeinflussen. Wäre es also nicht schön, man könnte mit ein paar Handgriffen die richtige Einstellung in den Gehirnen einschrauben, und dann läuft das mit dem sicheren Arbeiten von allein?

Damit ein positives Safety-Mindset überhaupt Fuß fassen und seine Wirkung entfalten kann, müssen aber in der komplexen Welt einer Organisation viele systemischen Rädchen ineinandergreifen. Ein gutes Mindset allein macht noch nicht glücklich, es kommt auf weitere entscheidende Faktoren an, um eine gute Sicherheitskultur hinzubekommen:
- Es braucht mehr als ein Bekenntnis. “Wir kümmern uns um Sicherheit und wollen null Unfälle!” — dieser Aussage wird sicher niemand widersprechen, aber sie allein reicht nicht aus. Erst wenn sich die Führungskräfte im Unternehmen auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, ihre gemeinsame Sichtweise — also das gemeinsame Mindset — einigen und sich dann auch darüber klarwerden, wie sie das in den Alltag tragen wollen, wird ein starker Hebel daraus.
- Vorsicht vor unbewussten Contra-Botschaften. Die Wichtigkeit von Sicherheit wird ständig betont, aber im Alltag wird doch eher wenig darüber gesprochen, oder öfter mal in Worten, die klar machen, das alles Andere gerade wichtiger ist? Man kann mit dem Thema Sicherheit “keinen Blumentopf gewinnen”, mit anderen Aktivitäten aber schon? All diese Widersprüche werden als Contra-Botschaft wahrgenommen und pulverisieren das schöne Safety-Mindset.
- Es braucht Führungskräfte, die das Safety-Mindset authentisch vorleben und kompetent führen. Hier braucht es vielleicht Förderung und Weiterentwicklung, im Extremfall sogar Änderungen.
- Ohne offene Fehlerkultur keine gute Sicherheitskultur. Wo man für Fehler “rund gemacht” wird und niemand ehrlich darüber spricht, was schief geht, nützt das beste Safety-Mindset nichts.
- Eine gemeinsame Eskalationskultur ermöglicht die Konsequenz in der Umsetzung. Wie mit jenen umgehen, die nicht sofort begeistert mitmachen, gar Regeln missachten? Auch darüber sollte in der Führung ein gemeinsames Mindset herrschen.
- Kommunikations- und Feedback-Kompetenz in der Führung haben immensen Einfluss darauf, ob sich das Safety-Mindset und die positive Sicherheitskultur etabliert oder nicht.
- Eine Kultur der Anerkennung und Wertschätzung leben. Damit ist nicht die gelegentliche Rede vor der Belegschaft gemeint, auch nicht das das Lob im herkömmlichen Sinn, sondern regelmäßige, authentische Rückmeldungen und Signale, um Positives zu verstärken. Klingt einfach? Ist es aber nicht. Klingt manipulativ? Ist es auch nicht. Der Zauber — und die Schwierigkeit — steckt in dem Wort “authentisch”.
Es geht also nicht nur darum, dass alle eine ähnliche Einstellung und Haltung zu Arbeitssicherheit im eigenen Kopf haben, und dann wird alles gut, sondern es muss an vielen Kulturelementen der Organisation “geschraubt” werden. Es kostet Zeit, die notwendigen neuen Gewohnheiten einzuführen und Kompetenzen aufzubauen, aber sie bewirken auch ein generelles gutes Betriebsklima. Das wiederum ist mit 66% der am häufigsten genannte Faktor der Mitarbeiterbindung, noch vor dem Gehalt.
Der Lohn der Arbeit an den komplexen Herausforderungen ist außerdem, dass die genannten Kulturelemente, einmal kompetent bearbeitet, neben ihrer Wirkung auf die Arbeitssicherheit auch in vielen weiteren Bereichen des Unternehmens einen Schub zu nachhaltigem Erfolg bringen.
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