Anlässlich des “Tags des Schlafes”, hat sich unser freier Mitarbeiter Dr. Hans-Günter Weeß, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin, Gedanken um Thema “Schlaf und Schichtarbeit” gemacht. Nachfolgend finden Sie einige Auszüge, die vollständige Pressemitteilung der DGSM können sie hier als PDF-Datei herunterladen.
Wer schläft, so die gängige Vorstellung, der arbeitet nicht, ist nicht wettbewerbsfähig. Denn die Konkurrenz schläft bekanntlich auch nicht. Maschinen sind in der Lage, rund um die Uhr zu arbeiten. Nur der Mensch zeigt vermeintliche Schwächen und braucht Schlaf. Frühschicht, Spätschicht, Nachtschicht. Die einen schlafen, die anderen bauen Autos am Fließband, schieben Dienst im Krankenhaus, fahren Taxi oder sorgen für die öffentliche Sicherheit.
Wir leben in einer 24 Stunden Non-Stopp Gesellschaft. Schichtarbeit ist auf dem Vormarsch. Derzeit arbeitet jeder sechste in Schicht oder schichtnahen Diensten. Tendenz steigend. Viele Studien legen die Vermutung nahe, dass der Schlaf im Drei-Schicht-System häufiger gestört ist als bei reiner Tagschicht. Nach einer aktuellen Studie der Techniker Krankenkasse leiden 40 Prozent aller Schichtarbeiter an schlechtem Schlaf. Dabei hat jede Schicht ihre spezifischen Auswirkungen auf den Schlaf.
Nach Nachtschichten ist die Schlafdauer am geringsten, zeigt mehr Unterbrechungen und weniger Tiefschlaf. Spätschichten sind bei den Mitarbeitern nicht sehr beliebt, da gearbeitet wird, wenn sich die Familie trifft und die Freunde ihren Hobbies nachgehen. Trotzdem entspricht das Schlaf-Wach-Muster bei Spätschichten bei vielen deren natürlichen Rhythmus. In der Folge ist der Schlaf oft am längsten und erholsamsten. Der Schlaf bei Frühschichten ist oft zu kurz. Viele haben Angst zu verschlafen und richten Ihren inneren Blick angespannt die ganze Nacht auf den Wecker. Die Folge ist oberflächlicher und weniger erholsamer Schlaf.
Kontinuierliche Schichten könnten gegenüber dem Wechsel in Dreischicht-Betrieben einen gewissen Vorteil bieten. Studien legen bei Dauernachtschicht oder Dauerspätschicht gegenüber der Tagschicht keine reduzierte Schlafmenge nahe. Insgesamt scheinen langsam rotierende Schichten zu einem längeren Schlaf zu führen als kurzrotierende Schichten. Nachteil ist aber, dass bei langsameren Schichtwechseln eher körperliche Adaptationsprozesse stattfinden, was für den Organismus belastender sein könnte. Grundsätzlich sind vorwärtsrotierende Schichten vorzuziehen. Sie weisen eine längere Schlafdauer auf. Bei rückwärtsrotierenden Schichten sind die dazwischenliegenden Pausen für ausreichend Schlaf, insbesondere bei Frauen die noch familiäre Verpflichtungen haben, häufig verkürzt.
Welche Faktoren beeinflussen die Schichtfähigkeit? Die Arbeitsorganisation, wie z.B. die Gestaltung flexibler Arbeitszeiten und eigenständiges und abwechslungsreiches Arbeiten haben einen positiven Einfluss auf die Schichtakzeptanz. Studien belegen keine eindeutigen Geschlechtseffekte, aber Männer könnten eine etwas höhere Schichttoleranz aufweisen als Frauen. Jüngere scheinen mit Schichtarbeit ebenfalls besser zurecht zu kommen. Mit zunehmendem Alter steigt der Schlafmittelkonsum und die Anzahl der Frühberentungen. Nachtschichten sind bei älteren Mitarbeitern trotz bester Bezahlung unbeliebter.
Der Chronotyp, ob Früh- oder Spätaufsteher, hat einen Einfluss auf die Schlaffähigkeit des Schichtarbeiters. Frühtypen schlafen bei Frühschichten bis zu einer Stunde länger und sind ausgeschlafener als Spättypen. Nach Nachtschichten haben hingegen Spättypen, was die Schlafdauer angeht, die Nase vorn. Sie schlafen länger als Frühtypen.
Neue Studien zeigen vielversprechende Lösungsansätze für den Schlaf der Schichtarbeiter: Verhaltensinterventionen und Präventionsprogramme im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsprävention zeigen bei Schichtmitarbeitern mit Tagesschläfrigkeit, Schlafmangel und Schlafstörungen positive Effekte auf den Schlaf, die Wachheit und die Schichtakzeptanz.