Keine Reklamationen mehr zu haben, schont Kosten und Nerven, keine Unfälle und Verletzungen im Betrieb zu erleben, verhindert Leid, Schmerzen und fördert das Image und ebenfalls die Kosteneffizienz. Die Idee einer Vision zero, also einer Null-Fehler‑, Null-Verletzungen‑, Null-Ereignisse-Kultur verfolgt hiermit ein übergeordnetes Ziel, das eine Optimierung aller Unternehmensprozesse zur Folge haben dürfte.
Qualitätsoffensiven,Arbeitssicherheitskampagnen und Verbesserungsprozesse dürften folglich nur Befürworter haben!
Doch jeder, der arbeitet, macht unweigerlich auch Fehler. Fatal ist dies nur, wenn daraus nicht gelernt wird.
Gelernt wird jedoch nur in einer Kultur, die Fehler erlaubt. Eine Kultur, die Fehler sanktioniert, führt zu Vertuschungsversuchen und bringt keine Weiterentwicklung.
Eine sichere und fehlerfreie Produktion ist eines der grundlegenden Ziele jedes Unternehmens, um dieses Ziel zu erreichen, müssen vermeidbare Fehler reduziert werden und Sicherheit an erster Stelle stehen.
Was sind Fehler und wie entstehen sie?
Fehler sind Abweichung von einem zuvor festgelegten zu erwartenden Zustand, dessen Merkmalswerte definiert wurden. Wird diese Erwartung nicht erfüllt oder weicht der Zustand von dem ab, was erwartet wird, spricht man von einem Fehler.
Die gängige Ausdrucksweise, dass ein Fehler „gemacht“ wird, setzt subversives Handeln, also eine Absicht voraus. Würden Fehler jedoch mit Absicht herbeigeführt, wäre das mit Sabotage gleichzusetzen. Vielmehr „passieren“ Fehler, ohne Mutwilligkeit und ohne das Bestreben, den gleichen Fehler ein zweites Mal zu machen.
Ein Fehler ist somit nur das sichtbare Ergebnis vorhandener Risiken, denn jedem einzelnen Fehler sind in der Regel zahlreiche Risiken vorgelagert. Das können Unterbrechungen bei der Arbeit, fehlende Kommunikation oder auch fehlerhafte Definitionen der Arbeitsabläufe sein.
Meist wird nur der Fehler behoben, aber nicht die Ursache erforscht, diese gerät aus dem Bewusstsein oder wird niemals als Ursache erkannt. Für das eigentliche Risiko sind die Beteiligten sozusagen betriebsblind beziehungsweise sie reflektieren das Risiko nicht.
Auch die Fehleranalyse, wie sie in vielen Unternehmen durchgeführt wird, gibt sich oft mit dem Feststellen des Verursachers zufrieden und mit Erklärungen wie “der Mitarbeiter war unkonzentriert, hatte einen schlechten Tag”, etc. Das Risiko jedoch, was sich als eigentliche Ursache für den Fehler hinter dem Faktor Mensch versteckt hält, bleibt unentdeckt.
Um dieses zu erkennen, wäre eine “echte Lernhaltung” gefragt. Also eine offene und unvoreingenommene Beurteilung der Situation und der Geschehnisse, im Rahmen derer Ursachen und Gründe für den Fehler erfragt und auch scheinbar plausible Erklärungen dazu hinterfragt werden. Oft erweisen sich dann diese Ursachen und Gründe als nicht deckungsgleich mit den auf den ersten Blick vermuteten (“Faktor Mensch”), sondern deuten vielmehr auf Handlungsfelder in der Unternehmenskultur (z.B. fehlende Informationen, Konflikte zwischen den Abteilungen), in Prozessen und Strukturen (z.B. Bypässen, “entlaufene” Werkzeuge) oder in der Organisation des Arbeitsplatzes (z.B. Verwechslungsgefahren) hin. Aber natürlich gibt es auch Fehler, die durch ein bestimmtes Mitarbeiterverhalten verursacht werden. Auch hier gilt es ohne Vorwurfshaltung, die Hintergründe und Verhaltensgewohnheiten des Einzelnen zu verstehen.
Warum wir Qualitätsrisiken so häufig übersehen
Eigentlich könnten wir die meisten Qualitätsrisiken in unserem Umfeld erkennen. Da aber unsere Aufmerksamkeit in viele unterschiedlichen Richtungen geht, übersehen wir im Alltag leicht selbst das Offensichtliche.
Auch eine gewisse Betriebsblindheit stellt sich ein, riskante Abläufe und Strukturen werden zur Gewohnheit und werden nicht mehr hinterfragt. Immer wieder auftretende Fehler, Störungen oder Prozessschwierigkeiten werden in den einzelnen Fällen zwar behoben, die Ursache dafür wird aber nicht hinterfragt.
Je “strenger” die Kultur, desto eher werden Fehler und Probleme vertuscht beziehungsweise von den Mitarbeitern geheilt und der Führung gegenüber nicht kommuniziert. Mit der Auswirkung, dass auch Qualitätsrisiken und Ineffizienzen so gar nicht zur Führungsebene vordringen. Das Management ist somit sehr weit weg von den Alltagsproblemen des Mitarbeiters und hat keine Möglichkeit für reibungslose Abläufe und Behebung der Risiken und Probleme zu sorgen.
Der richtige Ansatz in der Null Fehler Strategie
Ziel der Null Fehler Strategie ist ein fehlerfreies Arbeiten (z.B. Produktion ohne Ausschuss) und ohne Notwendigkeit einer Nachbesserung.
Anstatt sich im Nachgang mit dem Fehler zu beschäftigen, ist die effektivere und effizientere Strategie, diesen erst gar nicht entstehen zu lassen. Hierzu gilt es, sich aktiv mit den Fehlerrisiken und Schwierigkeiten auf allen Ebenen, d.h. auf der Fachebene sowie den Handlungsfeldern der Unternehmenskultur, Strukturen, Prozessen etc. zu beschäftigen und diese zu beseitigen. Idealerweise gilt hier die Vision der 100% sicheren Handlungen, Zustände und Rahmenbedingungen. Die Umsetzung dieser Vision funktioniert nur als Gemeinschaftswerk von allen Führungskräften und Mitarbeitern. .
Das Null Fehler Management
Ist es in einem Unternehmen üblich, dass Mitarbeiter bei Fehlern „angeklagt“ werden, führt diese Haltung unweigerlich dazu, dass Fehler in der Regel vertuscht und verschwiegen werden. Ganz nach dem Motto: „Wer arbeitet, macht Fehler, wer nichts macht, macht auch nichts verkehrt“.
Die Aufgabe der Führungsebene im Veränderungsprozess im Hinblick auf die Null Fehler Kultur eines Unternehmens besteht darin, den Mitarbeitern einen Umgang mit Fehlern vorzuleben, der von der Person losgelöst ist – Diagnose und Lösung vor Bestrafung.
In einer konstruktiven Lern- und Fehlerkultur ist die Ursache des Fehlers von Bedeutung, nicht die Person, welcher der Fehler passiert ist. Diese andere Sichtweise ermöglicht es, sich den begangenen Fehler nutzbar zu machen, um daraus zu lernen, anstatt den Mitarbeiter zur Verantwortung zu ziehen, der im Regelfall den Fehler nicht gewollt hat häufig auch nur einen Beitrag (von mehreren) dazu geleistet hat. Die anderen — meist wesentlicheren Beiträge — bleiben in dem Falle unentdeckt.
Durch gezielte Prävention in Richtung Null Fehler Kultur
Wer Fehler als Lernchancen sieht,eröffnet sich neue Sichtweisen auf die Auslöser sowie die Möglichkeit, die Ursachen zu beseitigen und so einen Wiederholungsfehler zu vermeiden.
An erster Stelle stehen die Ursachenforschung und Strategieentwicklung zur Vermeidung. Dazu müssen die beteiligten Mitarbeiter ohne Schuldzuweisung nach ihrer Perspektive befragt werden, um herauszufinden inwieweit etwa mangelndes Wissen, Unzulänglichkeiten der Arbeitsabläufe, fehlerhafte Anweisungen oder nicht definierte Arbeitsschritte zu dem Fehler geführt haben. In weiterer Folge können Strategien zur Fehlervermeidung definiert werden.
Darüber hinaus — und das ist der weitaus ergiebigere Ansatz — gilt es, sich mit den Risiken, Ärgernissen und Schwierigkeiten im Arbeitsalltag der Mitarbeiter zu beschäftigen, um präventiv daran zu arbeiten Fehler erst gar nicht entstehen zu lassen. Auch hier ist das konstruktive und interessierte Gespräch mit dem Mitarbeiter die beste Möglichkeit, von seinem Erfahrungsschatz zu profitieren und mitzubekommen, wo er Handlungsfelder sieht und welche Verbesserungsideen er hat.
Die Vision 0 (Null Fehler, null Ereignisse) hilft auch hierbei, daran zu arbeiten, wie 100% reibungslose Zustände, 100% passende Rahmenbedingungen und 100% fehlerfreies und effizientes Verhalten aussehen könnten bzw. was noch benötigt wird, damit dies auch gelebt werden kann.
Eine gemeinsame Vision als übergeordnetes Ziel
Für das Fundament einer Null Fehler Kultur muss in erster Linie eine kulturelle Grundlage geschaffen werden. Kein Mitarbeiter darf Angst haben, einen Fehler zuzugeben. Im Gegenteil: Das Erkennen eines Fehlers muss als Möglichkeit der Weiterentwicklung, zur Ursachenforschung und Lösungsfindung gesehen werden.
Um ein gemeinsam definiertes Qualitätsziel zu erreichen, werden die Ursachen für den Fehler ermittelt, Korrekturmaßnahmen erarbeitet und Regelungen definiert, die ein weiteres Auftreten dieses Fehlers vermeiden.
Die Null Fehler Kultur als ganzheitlicher Ansatz
Die Null Fehler Kultur muss als ganzheitlicher Ansatz gesehen werden, der zwar auf Fehlervermeidung gerichtet ist, in der Fehler aber auch nicht sanktioniert werden.
Wenn Führungskräfte und Mitarbeiter merken, dass ihre Expertise zu Risiken und Handlungsfeldern sowie zu Verbesserungsvorschläge gefragt ist, werden sie ihre Ideen und Hinweise viele aktiver einbringen. Und wenn sie erleben, dass im Falle eines Fehlers keine Köpfe rollen, sondern an der Ursache für den Fehler geforscht und gearbeitet wird, wenden sie auch in diesem Fall sich offen über die Hintergründe sprechen und sich an der Lösungsfindung beteiligen.
Fazit
Eine positive Fehlerkultur, die Arbeit an den Risiken und die Einbeziehung der Mitarbeiter als Experten ihres Arbeitsplatzes führt zu höherer Motivation der Mitarbeiter und weniger Druck. Dies d führt einerseits zu einer höheren Qualität,mehr Produktivität und Performance sowie andererseits zu einem Arbeitsklima, das positive Auswirkungen auf die Bereitschaft, das Verhalten zu verändern, , das Mitdenken und Engagement der Mitarbeiter hat. Ein ständiger Verbesserungsprozess in einer lernenden Organisation ist gewährleistet.