In unserer neuen Rubrik “ttt: Tipps, Trends, Themen vom Coach” erläutert Bernd Taglieber künftig häufige Fragestellungen aus seinen Coachingsitzungen und gibt Anregungen, die vielleicht auch für Ihren Alltag bereichernd sind.
Ausgangslage:
Menschen, die sich bei ihrer Arbeit im Detail verlieren und deren Aufgabenberg dadurch stetig wächst anstatt zu schrumpfen, begegnen einem Führungskräfte-Coach relativ häufig. Manche suchen sich selbst einen Coach, andere werden von ihrem Unternehmen gezielt „geschickt”.
Problembeschreibung seitens des Auftraggebers
Kommt der Anruf des Auftraggebers beim Coach an, so lautet die Beschreibung des Klienten meist recht ähnlich:
- “Eigentlich ist er/sie ein Top-Mann/eine Top-Frau”. Fachlich super, liefert klare und gute Ergebnisse, ist engagiert, zielstrebig und hoch motiviert.”
Dann folgt das Aber:
- “kann seine/ihre Führungsaufgabe nicht richtig bewältigen.”
Diese Beschreibung ist meistens geprägt von zwei Aspekten. Zum einen ist da die Sorge um die Arbeitsergebnisse, also die Befürchtung, dass wichtige Projekte/Aufgaben nicht ausreichend versorgt bzw. rechtzeitig fertig gestellt werden. Zum anderen fallen häufig Sätze wie “der schafft sich ja noch zu Tode”, als Ausdruck aufrichtiger Fürsorglichkeit.
Ausformung und Ursachen
Angesichts der ähnlich beschriebenen Ausgangslage könnte man leicht davon ausgehen, dass die Ausformung wie auch die Ursachen für dieses “sich im Detail verlieren”, “überarbeitet sein” ähnlich lauten. Und damit im späteren Zuge eine Lösung “von der Stange” angeboten werden könnte. Das wäre jedoch falsch. So individuell wie die Menschen selbst, sind in der Regel auch die Ursachen und Ausformungen.
Abhängig von der jeweiligen Persönlichkeit stellen sich die Muster und Ursachen des Klienten beispielsweise folgendermaßen dar:
- Er ist bei Aufgaben und in seiner Rolle unsicher: Häufig mit diesen Themen konfrontiert sind beispielsweise junge Führungskräfte, also Menschen, die neu in ihrer Position sind und noch unsicher sind, wie sie ihre Rolle gestalten sollten oder die ihre Rolle noch nicht so ausfüllen, dass das Ergebnis stimmt.
- Er kümmert sich selbst um Dinge, die er eigentlich delegieren sollte.
- Nebensächlichkeiten stehen gleichwertig neben Hauptthemen: Er möchte jeder Aufgabe gerecht werden und kümmert sich intensiv um alle einzelnen Themen.
- Er kann nicht Nein sagen, so dass eine permanente Überlastung entsteht.
- Manche Menschen geraten nur in speziellen Situationen unter Druck, so beispielsweise, wenn sie im Licht der Öffentlichkeit stehen. Hier kommt es dann zu Teilausfällen aufgrund von Versagensängsten (“Beschämungsängsten”).
- Bei manchen Menschen treffen unterschiedliche Faktoren aufeinander: So stößt beispielsweise eine zeitliche Überforderung auf ein Fehlen von Methoden-Know-how, also eine Überforderung des Könnens bzw. des “Gewusst-wie”, was wiederum die zeitliche Komponente verschärft. Oder aber zur engen zeitlichen Kapazität stoßen noch unbeliebte Aufgaben oder heikle Punkte, die immer wieder nach hinten geschoben werden.
- Einige Klienten schildern, dass sie sich in einem Entscheidungs-Dilemma zwischen Pest und Cholera befinden. Keine Entscheidungsrichtung wird als positiv empfunden, so dass diese Klienten nur einen Ausweg aus ihrer Zwickmühle sehen: Aktionismus als Fluchtweg aus Überforderungsgefühlen.
- Manche sehen sich mit schwierigen Themen konfrontiert, die ihnen Angst und/oder Ärger bereiten und ihnen dadurch sehr viel Energie und Kraft rauben.
- …
Fazit:
Sich in Details verlieren, seinen Führungsalltag nicht bewältigen können, überfordert sein — trotz relativ einheitlicher Beschreibung der Ausgangslage sind die Ursachen vielfältig. Daher muss im Einzelfall sehr genau nach den persönlichen Ursachen des Phänomens gesucht werden. Hier ist der Coach gefordert, mit dem Klienten die diversen Unterschiede herauszuarbeiten, um individuelle Lösungen für das Dilemma zu finden.