Im Zuge unserer Recherche nach dem Bedarf kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) für Beratungsprozesse zum Thema Arbeitssicherheit haben wir eine große Bandbreite von Antworten erhalten: Von verständlich bis erschreckend!
Einheitlicher Tenor war, dass Arbeitssicherheit schon sehr wichtig sei und man auf keinen Fall wolle, dass sich jemand verletzt. Deswegen halte man sich ja auch an alle Vorgaben der Berufsgenossenschaft. Bei genauerem Nachfragen erfuhren wir jedoch auch, dass z.B. die vorgeschriebenen Unterweisungen zwar durchgeführt würden, allerdings eher pro forma. Sprich: Es wird alle paar Wochen derselbe „Zettel“ verlesen und die Mitarbeiter hören schon gar nicht mehr wirklich zu. Oder der „Zettel“ wird noch nicht einmal mehr vorgelesen, sondern lediglich unterschrieben.
Arbeitssicherheit sei nur ab und zu ein wirkliches Thema, wenn die vorgeschriebene externe Sicherheitsfachkraft ihren Kontrollbesuch ankündigt. Kurz davor wird dann aufgeräumt….
Die Idee einer externen Begleitung, also einem fremden Blick auf Abläufe, Regeln und Arbeitsbereiche, wurde von vielen als hilfreich angesehen, jedoch aus verschiedenen Gründen als problematisch erachtet:
Zum einen der Faktor Zeit. Besonders kleine Firmen können schlicht und einfach keine Arbeitskräfte für Schulungen und Workshops entbehren. „Unsere Leute arbeiten bereits jetzt schon 50- 60 Stunden die Woche, teilweise auch am Wochenende. Da kann ich niemanden einfach einen Tag abstellen, selbst wenn ich wollte“, so der Geschäftsführer eines kleinen Familienbetriebes.
Da Zeit oftmals eben auch Geld bedeutet und ja „bisher alles, mehr oder weniger, gut gelaufen sei“, gäbe es schlicht und einfach keinen Investitionsbedarf bei der Arbeitssicherheit. Bei einer oftmals engen Finanzplanung genießen im Zweifelsfall dann eben andere Themen Priorität.
So stünde seine Firma, laut einem im Baugewerbe tätigen Unternehmer, vor der Entscheidung: Schule ich einen Tag lang unsere Mitarbeiter zu Arbeitssicherheit, oder spare ich stattdessen 10.000 Euro, weil ich das Haus einen Tag früher fertig bekomme? „Unser Plus ist die Schnelligkeit, deshalb verdienen wir hervorragend. Dafür sieht es auf den Baustellen zwar aus wie auf einem Schlachtfeld, aber es ist eigentlich auch trotzdem noch nicht so oft etwas passiert.“
Auf die Frage, was es das Unternehmen kosten würde, wenn ein Mitarbeiter unfallbedingt ausfiele, antwortete der Geschäftsführer einer mittelständischen Tiefbau-Firma:
„Wenn einer meiner Männer ausfällt, bekomme ich Geld von der Versicherung und vom Arbeitsamt zusätzlich kostenlos einen Ersatz gestellt. So makaber es klingen mag, ein Unfall ist von dieser Seite aus betrachtet sogar eher von finanziellem „Vorteil“.
Ein weiterer Unternehmer fand sogar noch deutlichere Worte:
„Wir arbeiten nur mit Sub’lern (Subunternehmern, d.A.). Wenn Igor vom Dach fällt, kommt am nächsten Tag eben Wladimir.“