nach Steve de Shazer
Wenn Berater zu potentiellen Kunden kommen, erleben sie immer unterschiedliche Auftragsideen bzw. mehr oder weniger konkrete Auftragsanfragen.
Das ist prinzipiell nicht verwunderlich, da viele Situationen im Kundensystem sich als relativ komplex zeigen. Meistens wurden schon von unterschiedlichen Menschen, mehrere Lösungsversuche durchlaufen, welche aber nicht in die gewünschte Richtung führten.
Dabei geht auch fast immer eine unterschiedliche Art der Problem-Schilderung einher, also wie die Betroffenen das Problem sehen oder wie sie über das Problem (oder Herausforderungen) sprechen.
Längst wurden Hypothesen darüber gebildet, wer oder was der eigentliche Problemträger ist, wer mehr oder weniger verantwortlich ist und natürlich, wer sich, wie in Zukunft engagieren muss, damit das entstandene Problem nicht mehr auftaucht.
Das Konzept der „Auftrags-Muster“ gibt dem Berater 3 grobe „Brillen“ an die Hand, die ihm dabei helfen können, (durch z.B. zuhören und Fragen stellen) erste grundsätzliche Hypothesen über die Motivation, die Betroffenheit und das damit verbundene eventuelle, zukünftige Engagement der Problembeschreibenden zu erheben. Hierbei kann der Problembeschreibende eine Einzelperson oder eine ganze Gruppe sein. Bei Gruppen (z.B. alle Vorstände, …) sind natürlich Unterschiede in der Problembeschreibung (auch wenn es nur ganz feine sind) völlige Normalität.
Auftrags-Muster
Welche Art der „Auftrags-Muster“ beschreibt das Modell?
- Problembeschreibungen oder Auftragsanliegen vom Typus „Besucher“ sind Beschreibungen, denen man fast schon anmerken kann, dass der Beschreibende eigentlich noch kein „richtiges“ Problem sieht oder dass der aufgezeigte Lösungsversuch (z.B. Beratung, Teamentwicklung, …) „mal ganz interessant ist, aber …“, „schaun mer mal“, usw.
Als unreflektierter Berater könnte man sich fragen: „Was will der/die eigentlich?“ - Problembeschreibungen oder Auftragsanliegen vom Typus „Beklagender“ sind relativ häufig und wenn wir ehrlich sind, entsprechen sie sehr oft auch unserem privaten Verhalten.
Der Beschreibende erlebt ein Problem, sieht sich aber keinen Falls als Teil des Problems. Er sieht, dass andere etwas tun müssen, sich doch endlich bewegen sollen, sich ein Umstand endlich verändern soll. Dabei besteht die Gefahr, dass man als Berater nicht unbedingt auf das mitwirkende Engagement des Kunden bauen kann. Dieses ist aber in den meisten Fällen unabdingbar. Erste Auftrags-Ideen von Führungskräften, die sagen „meine Leute können das einfach nicht richtig, machen Sie mal was mit denen, dass das endlich funktioniert und melden Sie mir dann den erfolgreichen Vollzug“ sind recht häufig. Wer sich ein bisschen mit Führung beschäftigt weiß, dass man als Führungskraft fast immer Teil des bestehenden Problems ist und dann wäre es gut, man würde sich so auch verhalten und an der Veränderung mitarbeiten (Ähnlichkeiten zu Themen bei der Elternschaft sind rein zufällig…). - Bei Problembeschreibungen und Auftragsanliegen vom Typus „Kunde“ lacht das Beraterherz. Schon in der Beschreibung und in der Sichtweise des Problems wird deutlich, dass sich der potentielle Auftraggeber auch als Teil des Problems erlebt und sich in dieser Weise engagieren will.
Wie schon gesagt, sind das natürlich alles nur Hypothesen und manchmal sogar nur „Berater-Bauchgefühl“, aber interessanterweise haben uns diese Hypothesen schon sehr oft geholfen, mehr Klarheit und Verbindlichkeit/Verantwortung im Kundensystem aufzubauen. Muss nicht funktionieren, kann aber.
Diese Rubrik „Berater-Modell / ‑Konzept des Monats“ soll aber auch und gerade den interessierten Lesern eine Anregung geben, mit diesen Modellen selbst bestimmte Situationen zu beleuchten und vielleicht dadurch, hier und da eine neue Sichtweise zu bekommen (Nähere Infos zu dieser Rubrik).
Wir stellen unseren Kunden z.B. das Modell „Auftrags-Muster“ fast immer zur Verfügung, weil wir wissen, dass es für unser gemeinsames Verständnis und damit für die erfolgreiche und zielgerichtete Auftragsgestaltung beiträgt.
Im Vertrauen gesprochen: Eigentlich hoffen wir natürlich, dass alle potentiellen Anfragen an uns, zukünftig vom Typus „Kunde“ sind, aber ehrlich gesagt wäre das vielleicht auch ein bisschen zu einfach.
Viel Spaß beim Ausprobieren!