Agiles Management ist – anders als viele weitere heiß gehandelte Themen – nicht über irgendwelche Organisationsentwicklungs-Gurus oder ‑Bücher in die Welt gekommen, sondern als praxistaugliches Modell in Silicon Valley gereift. Seine Anziehungskraft erlangte es dadurch, dass es absolut ökonomisch erfolgreich ist und in einer Art und Weise innovativ, wie man dies in Europa bis dato nicht kannte. Dabei macht es allerdings einen gehörigen Unterschied, ob man ein Startup aufbaut und dabei von Anfang an eine agile Organisationsform installiert, oder ob man ein etabliertes Unternehmen mit eingefahrenen Organisationsgewohnheiten verändern möchte.
Der zentrale Gedanke bei Agilem Management ist die absolute Orientierung auf den Markt, Geschwindigkeit in den organisationalen Abläufen, Innovation und Kunden. Wird diese konsequent umgesetzt, tritt die Dominanz der hierarchischen Ordnung in den Hintergrund, da nun vor allem jene Teile eines Unternehmens, die mit Kundenthemen zu tun haben, zu Problemlösern und Entscheidern werden. Die Steuerung verlagert sich damit weg vom Zentrum und hin zur Peripherie nahe beim Kunden, wodurch Hierarchie eine Umwertung erfährt. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass Hierarchie vollständig ausgehebelt wird. Vielmehr müssen Führungskräfte ihre Rolle massiv verändern: Weg vom Ansager, Entscheider und Kopf-Hin-Halter und hin zum Prozessunterstützer, Organisationsentwickler und Coach.
Fünf zentrale Aspekte von Agilem Management:
- Die Arbeit wird nicht mehr nach Schnittstellen und Abteilungen organisiert, sondern überwiegend in aufgabenbezogenen und problemlösenden Projektteams.
- Die Organisation wird konsequent auf die Markt- oder Kundenanforderungen hin ausgerichtet. Dort werden die Anforderungen und Ansprüche erfasst und direkt in die jeweiligen Projektteams gespeist.
- Projektteams haben einen sehr hohen Grad an Selbstorganisation, übernehmen also auch deutlich mehr Verantwortung.
- Die Hierarchie hält sich aus dem operativen Geschäft weitgehend raus. Stattdessen befassen sich Führungskräfte mehr mit Visions-und Strategiearbeit sowie mit dem Coaching der Projektteams: Sie beschäftigen sich nicht im Unternehmen, sondern am Unternehmen.
- Rollen und Regeln müssen neu definiert werden, da die Hierarchie nicht mehr die Orientierung gibt wie bisher. Dies bedeutet, dass Menschen in ihren Rollen wachsen und die Regeln immer wieder angepasst werden müssen. Rollen und Regeln sind dabei nie für die Ewigkeit gemacht, sondern müssen immer wieder mal nachjustiert werden
Agiles Management ist ein Lernthema und setzt als solches zwingend eine Lernhaltung aller Beteiligten voraus. Wenn man etwas tun will, was einen nachhaltigen Effekt haben soll, dann gilt es an eben dieser Lernhaltung zu arbeiten. Für einen Veränderungsprozess innerhalb eines etablierten Unternehmens gibt es hierfür keine Blaupausen, da die Kulturen sehr unterschiedlich sind. Deshalb ist dies stets ein Lernprozess mit offenem Ergebnis. Alles was dabei nicht auf der Verhaltensebene beobachtbar ist, findet quasi nicht statt, d.h. es kommt nur zu einer Kulturveränderung, wenn eine Einstellungs- und Verhaltensänderung beobachtbar ist. Im Klartext: nicht Memos, Strategiepapiere und Beschreibungen von Visionen verändern ein Unternehmen, sondern nur Menschen, die ihr eigenes Verhalten ändern.